Bildende und darstellende Kunst haben auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun. Die beiden in München lebenden Künstler Ashraf Schumanyas und Roland Weiss verbinden in ihren Werken beide Welten. Im Interview sprechen sie über ihre außergewöhnliche Zusammenarbeit, über Gegensätze und das Prinzip des Weglassens.
Ashraf, du bist Tänzerin, Roland, du malst, zeichnest, fotografierst und du machst Skulpturen. In euren Performances verbindet ihr beides. Wie ist es zu dieser ungewöhnlichen Kombination aus bildender und darstellender Kunst gekommen?
R.W.: Wir haben uns in den 90er Jahren kennengelernt. Ashraf hat meine Skulpturen gesehen, sich eine ausgesucht und mit zu sich ins Studio genommen. So kam es zur ersten Tanz-Performance mit Skulptur, die wir in einem Münchner Off-Theater aufgeführt haben.
Was für eine Skulptur war das?
R.W.: Das war eine zweiteilige Skulptur, die während der Performance zusammengesetzt wurde. In der Performance sieht der Zuschauer die Skulptur von verschiedenen Seiten und kann die Einzelteile erkennen. Diese Möglichkeit hat man nicht, wenn die Skulptur in einer Galerie ausgestellt ist und als Ganzes wahrgenommen wird. Durch die Performance wird die Skulptur inszeniert und dramatisiert.
Wie entstehen die Performances?
A.S.: Zuerst ist die Skulptur da. Ich lasse mich dann von der Form inspirieren und probiere aus. Es geht dabei nicht um die Frage: Was will ich mit der Skulptur machen? Sondern darum: Was will die Skulptur und wie kann ich das gestalten? In welcher Beziehung steht die Skulptur zum Raum und zu mir?
Welche Rolle spielt dabei die Musik?
A.S.: Die Musik kann verschiedene Rollen spielen. Mal trägt sie das Ganze, schafft die Atmosphäre, fügt alles zusammen, mal bringt sie die Skulptur in einen ganz anderen Zusammenhang.
Du hast usbekische Wurzeln und beschreibst deine Performances als von "östlich meditativem Zeitempfinden" geprägt. Was kann man sich darunter vorstellen?
A.S.: Der westliche Lebensstil ist stark von einem Denken des "schneller, höher, weiter" geprägt, es muss immer viel passieren. Meine Performances sind das Gegenteil davon. Auf unterschwellige Art spielen sicher auch meine usbekischen Wurzeln mit hinein. Es ist eine andere Herangehensweise: erst einmal innehalten und schauen, was kommt. Das Prinzip des Weglassens führt zum Wesentlichen, gerade das macht es spannend.
Ums Weglassen geht es auch bei deiner Kunst, Roland...
R.W.: Ja, ich denke grafisch. Ich sehe überall Formen, Farben, Linien - ihre Verbindungen, Entsprechungen und Gegensätze. Das fängt bei meinen Skulpturen an und reicht über meine Baustellenbilder und Stadtansichten bis hin zu meinen TanzFotoGrafiken mit ihrer zeichenhaften aber doch dynamisch bewegten Sprache.
Du hast dich zunächst mit Fotos von Baustellen beschäftigt. Was fasziniert dich so an Baustellen?
R.W.: Das Lebendige, aber auch das Geometrische, das ja nicht das Gegenteil von Lebendigkeit bedeutet. Eine Baustelle verändert sich immer, sie ist tatsächlich etwas Lebendiges. Dagegen ist ein Haus etwas Fertiges, da passiert nichts mehr.
Wie seid ihr eigentlich zur Kunst gekommen?
R.W.: Ich bin in einer Künstlerfamilie groß geworden, meine Eltern waren beide Maler; Kunst ist sozusagen meine Muttersprache.
A.S.: Seit meiner Tanzausbildung bei Else Lang, einer Schülerin von Mary Wigman, mache ich Stücke. Durch das Zusammentreffen von Roland und mir, von bildender und darstellender Kunst, ist etwas völlig Neues entstanden.
Termine für die nächsten Ausstellungen und Performances: www.kunstatelierweiss.de